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Verlegerreise Portugal: Information, Austausch und Besonderheiten
Die mittlerweile schon traditionelle, privat organisierte Reise deutscher Fachzeitschriftenverleger zu Kollegenverbänden im Ausland führte diesmal nach Portugal. Dabei kamen ihnen l die guten Kontakte sowie die profunden Ortskenntnisse von Verleger Dr. Klaus Krammer (Krammer Verlag, Düsseldorf) sehr zugute. In Lissabon empfangen wurden die Verleger von Joào Palmeiro, seit 1991 Präsident der Portuguese Publishers Association PPA.
In der PPA sind 300 Mitglieder organisiert, die insgesamt mehr als 600 Zeitschriftentitel publizieren. Dabei verlegen 100 Mitglieder verlegen nur einen einzigen Titel. Ein Teil der PPA-Mitglieder ist parallel in einem weitere Verlegerverband organisiert, den die Kirche in Portugal unterhält.
Die verkaufte Auflage der Tageszeitungen beträgt 500.000 Exemplare, 200.000 kostenlose Newspaper kommen dazu. Verkauft werden Zeitungen primär über Verkaufsstellen, das Abo-Geschäft spielt eine geringere Rolle, wobei der Postversand für Printerzeugnisse staatlich subventioniert wird. Die in staatlichem Besitz befindliche Post erhöht allerdings derzeit die Vertriebspreise stark. Mit 30.000 Verkaufsstellen verfügt das kleine Portugal, das rund 10,46 Millionen Einwohner hat über fast doppelt so viele Verkaufspunkte wie das mehrfach größere Spanien, dies treibt die Distributionskosten natürlich in die Höhe.
Eine interessante portugiesische Besonderheit: Aufgrund der kolonialen Vergangenheit wohnen heute mehr als 5 Millionen Portugiesen im Ausland. Die Auslandsportugiesen werden auch heute noch primär mit Print-Erzeugnissen aus der Heimat versorgt.
Strukturwandel auch in Portugal
An der Tatsache, dass die tägliche Auflage der Tageszeitungen vor einigen Jahren noch bei 1,2 Millionen Exemplaren lag, sieht man, dass auch Portugal vom Strukturwandel nicht verschont bleibt. Die Reduzierung der durchschnittlichen Seitenzahl von 80 bis 90 auf circa 60 Seiten deutet in die gleiche Richtung. Das starke Anwachsen des Wettbewerbsmediums Internet macht, so Palmeiro, den portugiesischen Verlagen insgesamt mehr zu schaffen als die vergangene Wirtschaftskrise. Von den 4,5 Millionen portugiesischen Haushalten haben 85% heute schon Kabel, 30 Prozent einen Breitband-Anschluss.
Eine für deutsche Augen etwas undurchsichtige Situation ergibt sich beim Fernsehen. Bis zur Revolution 1974 befand sich das Fernsehen in privater Hand, wurde aber nach der Revolution in staatlichen Besitz überführt. Die Organisation der Werbezeiten-Vermarktung blieb jedoch in privater Hand. Auch in Portugal sind inzwischen die Preise für TV-Spots stark gesunken, es werden bis zu 90 Prozent Rabatt gewährt. Während der Umsatz mit TV-Werbung heute bei 800 Million Euro liegt, war er vor einigen Jahren noch vier bis fünfmal so hoch.
In Portugal gibt es insgesamt 6.200 Journalisten, 2.500 davon sind in Printmedien beschäftigt, der Rest primär im Fernsehbereich. Dass der portugiesische Verband auch so seine Sorgen hat, wurde deutlich, als Palmeiro über die Tarifverhandlungen berichtete. Die PPA verhandelt mit gleich drei Gewerkschaften: den Kommunisten, einer verwaltungsorientierten sozialistischen Gewerkschaft sowie einer Journalistengewerkschaft mit kommunistischen Wurzeln. Soviel trockene Zahlen machen durstig: Deshalb zeigte sich Joào Palmeiro als hervorragender Gastgeber und begleitete zusammen mit seiner Familie die deutsche Delegation einen unvergesslichen Tag lang durch Lissabon.
Wolfgang Burkart (Verlag W. Sachon, Mindelheim)

