SERIE: FACHMEDIENMACHER IM PORTRÄT

Porträt #6: Thomas Müller, VNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft

HOCH HINAUS: IN 15 JAHREN VOM AZUBI ZUM VERLAGSLEITER

Thomas Müllers beruflicher Werdegang könnte aus dem Lehrbuch stammen: vom Auszubildenden über den Juniorproduktmanager bis hin zum Verlagsleiter. Die wenige Freizeit, die ihm als Führungsperson bei der Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG (VNR) bleibt, versucht er vor allem mit Familie und Freunden zu verbringen.

„Mein Kindheitstraum? Pilot werden!“, erzählt Thomas Müller. „Ich fand die Fliegerei immer spannend und beeindruckend.“ Doch diesen Wunsch konnte sich der 35-jährige nie erfüllen. Der Mann mit dem kurzen, dunklen Haar und der schwarz umrandeten Brille auf der Nase hat eine starke Sehschwäche. Zu stark für das Fliegen. Das sollte den gebürtigen Bonner jedoch nicht daran hindern, einen Steilflug beim VNR hinzulegen. Als Auszubildender gestartet, absolvierte er innerhalb von 15 Jahren Höhen- für Höhenmeter: Projektassistent, Juniorproduktmanager, Profit-Center-Verantwortlicher und -Leiter, Bereichsleiter. Schließlich wird er 2014 Verlagsleiter von BWRmedia, einer Tochtergesellschaft des VNR, die unter anderem über arbeits- und steuerrechtliche Themen informiert. Ein Jahr später übernimmt er zusätzlich den Posten des Chief Operating Officer (COO) des VNR.

Erfolgsfaktor Testkultur

Dabei war sein Einstieg beim Verlag eher dem Zufall geschuldet. Auf der Suche nach einer Lehre im Bankwesen, stieß der damals Zwanzigjährige auf eine Ausbildungsanzeige zum Verlagskaufmann. Diese machte ihn neugierig und er dachte: „Warum nicht einfach mal bewerben und schauen, was passiert?“ Es zeigte sich, dass Müller mit seiner probierfreudigen Art beim VNR an der richtigen Adresse ist. Denn beim achtgrößten Fachverlag Deutschlands ist die Testkultur stark ausgeprägt. „Wenn wir neue Produkte entwickeln, bringen wir sie zügig auf den Markt, ohne uns vorher in der Frage nach möglichem Erfolg zu verlieren“, erklärt Müller. „Was gut läuft, bleibt und was schlecht läuft, stellen wir wieder ein.“ Der Verlag sei mit dieser Strategie sowie mit seiner breiten Themenaufstellung erfolgreich. Tatsächlich verzeichnete der VNR 2014 im Vorjahresvergleich ein Umsatzwachstum von 8,4 Prozent auf rund 94 Millionen Euro. Auch von der Printkrise ist beim Verlag nichts zu spüren. „Wir wachsen weiterhin durch neue Printprodukte“, erzählt der Diplom-Betriebswirt. „Viele unserer Kunden wollen immer noch etwas in der Hand halten wenn sie sich über komplexe Themen aus dem Arbeits- oder Steuerrecht informieren.“

Familie und Freunde als Ausgleich

Auch Müller selbst verzichtet ungern auf sein gedrucktes Manager-Magazin. Ebenso wenig auf die Abendessen mit seiner Ehefrau und seinen beiden Zwillingstöchtern. „Meine Familie ist mein Hobby“, erzählt der Verlagsleiter. „Bei Ihnen kann ich runterkommen und abschalten.“ Zudem möchte er sich später nicht fragen müssen, was er eigentlich von seinen Kindern mitbekommen hat. Seine Freizeit verbringt er daher entweder mit ihnen oder mit Freunden. Letztere bezeichnet er ebenfalls als seinen privaten Ausgleich. Zeit für weitere Hobbys bleibt ihm allerdings nicht. „Ich mache zu wenig Sport“, lacht er. Das wolle er jedoch in Angriff nehmen, wenn die beiden Mädchen älter sind.

Der zweifache Familienvater versucht auf eine passende Work-Life-Balance zu achten. Neben einer guten Selbstorganisation müsse man dafür auch mal Arbeit liegen lassen können. Das gilt allerdings nicht nur für ihn, sondern für alle BWRmedia-Mitarbeiter. „Perfektionisten gehen bei uns unter“, so der Verlagsleiter. Stattdessen seien Generalisten gefragt, denn als Produktmanager verantwortet man fast alles: von der Neuentwicklung über die Koordination bis hin zum Marketing und Controlling der Produkte. „Als Produktmanager sind Sie bei uns Unternehmer im Unternehmen“, so der 35-jährige. Neben Ehrgeiz, Zielstrebigkeit und Eigenständigkeit sei aufgrund der ausgeprägten Testkultur zudem eine „Hands-on-Mentalität“ erwünscht.

Vielfältiges Aufgabengebiet als Verlagsleiter und COO

Viele dieser Eigenschaften lassen sich auch bei Müller erkennen. Schon früh war er sehr umtriebig, was das Testen von neuen Produkten angeht. Schnell eignete er sich wirtschaftliches Denken an – absolvierte neben der Arbeit sogar ein Fernstudium in BWL. Mitarbeiterverantwortung musste er erstmalig 2006 übernehmen, als er Bereichsleiter wurde. Auch heute, als Verlagsleiter, führt er regelmäßig Gespräche mit seinen Angestellten, berät sie bei ihren Projekten und tauscht sich mit ihnen über aktuelle Themen aus. „Ich musste außerdem lernen, loszulassen und nicht alles selber zu machen“, erzählt Müller. Denn seine Aufgaben sind größtenteils strategischer Natur: Er steuert das Wachstum, trifft Entscheidungen über neue Produkte und plant Investitionen. In seiner Funktion als COO des Mutterhauses kümmert er sich zudem um Belange der VNR-Servicebereiche, wie der IT oder des Einkaufs. „Mein Aufgabengebiet ist sehr vielfältig. Eine typische Arbeitswoche gibt es bei mir nicht“, lacht Müller.

Was die Komplexität seiner Arbeit und die des Verlags angeht, ist der Verlagschef der Meinung, dass diese in Zukunft immer mehr steige: „Aufgrund des großen Informationsangebots im digitalen Zeitalter müssen wir den Kunden noch spezifischere Informationen zur Verfügung stellen. Nur so können wir uns mit unseren Fachmedien am Markt durchsetzen.“ Aus dem 35-jährigen spricht ein erfahrener Geschäftsmann. Ein Geschäftsmann, für den Familie und Freunde trotz seines beruflichen Höhenflugs das Wichtigste im Leben sind.

Autorin: Jennifer Al-Fil 

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