SERIE: FACHMEDIENMACHER IM PORTRÄT

Porträt #7: Jonas Vincentz, Vincentz Network

BERUFUNG FACHVERLAG

Bei Vincentz Network ist der Name Programm. Doch für Jonas Vincentz, Geschäftsführer des Familienunternehmens, geht es um weit mehr. Das Portrait eines innovationshungrigen Pragmatikers.

Wer an ein deutsches Unternehmen denkt, das seit 1893 im Besitz einer Familie ist, dem könnte schnell ein modriger Geruch von verstaubtem Bürokratismus in die Nase wehen. Nicht interessanter macht es der Unternehmenssitz. Denn der befindet sich nirgendwo anders als in Hannover – einer Stadt, die nicht gerade für La dolce vita bekannt ist.

Jonas Vincentz kennt all diese Vorurteile. Für ihn spielen sie aber keine Rolle. Schließlich weiß er es als Geschäftsführer von Vincentz Network, einem Familienunternehmen mit Sitz in Hannover, besser. Davon abgesehen hat er Wichtigeres zu tun, wie zum Beispiel: Einen der bedeutendsten Fachverlage Deutschlands für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen.

Geschäftsführer ohne Chichi

Bei einem Besuch in seinem Büro riecht es jedenfalls nicht verstaubt. Es duftet viel mehr nach Aufbruch. Hier steht keine Kunst herum, kein Chichi. Dafür eine große Bücher- und Zeitschriftenwand. Es ist ein zweckmäßiges Büro. Schnell fällt auf: Hier arbeitet ein Praktiker. Und zwar im besten Sinne. Jemand, der als Geschäftsführer ganz offensichtlich nicht auf das Büro mit der schönsten Aussicht bestanden hat – sie reicht gerade einmal fünf Meter bis zum nächsten Bürogebäude.

Wenn Jonas Vincentz im Gespräch dann sagt, er sei der vierte Vincentz, der mittlerweile die Geschicke des Unternehmens lenke, gibt es wohl nur sehr wenige Menschen auf dieser Welt, die dabei noch uneitler wirken könnten als er. Durch den hannoverschen Dialekt der Dialektlosigkeit klingen seine Worte und Sätze wie in Blei gegossen – überlegt und nachvollziehbar.

Vorsprung durch Vernetzung

„Ich habe keinen Druck, ich arbeite gerne als Geschäftsführer“, erklärt der 39-jährige im Hinblick auf seinen traditionsreichen Arbeitsplatz. Die Situation seines Verlages gibt ihm hierzu auch allen Grund. In allen elf Angebotsbereichen, die Jonas Vincentz „Nischen“ nennt, zählt das Unternehmen zu den Marktführern. Hierzu gehören beispielsweise Zeitschriften aus dem Segment der Altenpflege oder der Lackindustrie.

Das Networking, das diesen Erfolg hervorgebracht hat, spiegelt sich denn auch im neuen Namen des Unternehmens wider. Vor über zehn Jahren wurde der alte Vincentz Verlag in das heutige Vincentz Network umbenannt. Denn Vincentz findet: „Vernetzung ist unsere Mission.“ Immerhin sei „der Austausch das Notwendige, um überhaupt erfolgreich zu sein.“ Und so ziehen sie ihre Mission von Hannover aus konsequent durch. Der klassische Chefredakteur wird dementsprechend auch „Netzwerk-Manager“ bezeichnet. Es gehe nämlich um weit mehr als nur um den Transfer von bloßem Fachwissen – daran lässt der Geschäftsführer keinen Zweifel aufkommen. Bestandteil innerhalb eines Marktes zu sein, um vorausschauend denken, planen und handeln zu können, darauf komme es an. „Wenn wir nicht den Puls des Marktes fühlen können, wäre der Markt dort, wo die Zeitschrift nicht ist“, macht Vincentz klar.

Versuch macht klug

Ohne Frage: Wem solche Gedanken durch den Kopf gehen, der denkt an mehr. So orientiert sich Jonas Vincentz an den Besten. Und die findet man wie so oft auf der anderen Seite des Atlantiks, wo auch er schon Berufserfahrungen in einem New Yorker Verlag gesammelt hat. Die USA seien komplett anders aufgestellt und Deutschland bei der Implementation von technischen Fortschritten um drei bis fünf Jahre voraus, sagt er. Als Beispiele nennt Vincentz die Digitalisierung, Big Data und den Eventbereich.

An Amerika schätzt der passionierte Hobbysegler vor allem die Offenheit und das „Try and Error“-Prinzip als ständige Prämisse – genau das, was auch er ausstrahlt: einen tiefen Grundoptimismus. Immer dem Motto folgend: Läuft ein Versuch schief, wird er abgebrochen und ein neuer Anlauf gewagt – entscheidend aber ist, es zu versuchen. Deutschland dagegen sei da im Vergleich an vielen Stellen zu starr und perfektionistisch.

Man könnte auch sagen: zu verstaubt. Wie aber Jonas Vincentz beweist, ist dies glücklicherweise nicht immer so – selbst oder gerade dann, wenn man aus Hannover kommt und ein Familienunternehmen leitet.

Autor: Thomas Wille

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