SERIE: FACHMEDIENMACHER IM PORTRÄT

Porträt #4: Oliver Fock, Thieme Media

„WER VERANTWORTUNG TRÄGT, GESTALTET DIE ZUKUNFT.“

Das Büro von Oliver Fock, Geschäftsführer bei Thieme Media, ist schmal und spartanisch eingerichtet. Wobei schwäbisch der passendere Ausdruck wäre – der Sitz des Georg Thieme Verlags ist nämlich in Stuttgart. Der breite Schreibtisch an dem Fock sitzt, nimmt beinahe die Hälfte der Fläche ein. An den Wänden hängen Bilder von Körperteilen. Ein Kopf, eine Hand, ein Fuß – Nicht  unüblich in einem Medienhaus, dessen Zielgruppe Mediziner sind.

Fock spricht ruhig und gelassen, während er lässig auf seinem Bürostuhl sitzt. Er nimmt sich die Zeit, die richtigen Worte zu finden. Seine Bewegungen sind selten abrupt und ihm scheint die Enge seines Arbeitsplatzes nicht zu stören. Dies liegt vielleicht daran, dass Fock zwei Jahre lang bei der Bundesmarine gedient hat. Wer genau hinhört, merkt ihm auch nach über 20 Jahren Stuttgart seine hanseatischen Wurzeln an. „Ich bin ein Hamburger, der gerne in Stuttgart wohnt“ sagt Fock. Dem passionierten Segler gehört gemeinsam mit seiner Familie ein Segelschiff, das am Bodensee liegt. Sein Bubentraum Schiffskapitän zu werden hat er sich im Privaten erfüllt. „Auf dem Schiff muss ich allerdings die Befehlsgewalt mit meiner Frau teilen,“ witzelt Fock. Als Geschäftsführer von Thieme Media hält er jedoch das Steuer fest in der Hand.

Mit ganzem Herzen Schiffskapitän und Geschäftsführer

„Ich habe immer gerne Verantwortung übernommen“, erzählt Fock. „Nur wenn man Verantwortung übernimmt, kann man gestalten. Das macht mir Spaß.“ Auf die Frage, was der Unterschied zwischen einem Kapitän und einem Geschäftsführer sei, antwortet Fock: „Ein Kapitän muss wesentlich weniger diskutieren und im Zweifelsfall Entscheidungen sofort fällen. Als Geschäftsführer kann man eine Entscheidung auch mal länger durchdenken, diskutieren und Pro und Contra abwägen.“ Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten. Durch Training und ständige Kommunikation mit der Crew gelingt es einem Kapitän eine gute Mannschaft zu bilden. Dadurch ist er erfolgreicher, fährt unfallfreier und hat weniger Konflikte an Bord. „So macht dem Kapitän sein Job viel mehr Spaß“, fügt Fock hinzu. Dies könne der Vorgesetzte Eins zu Eins auf das Geschäftsleben übertragen. „Sind die Mitarbeiter  motiviert, fallen die Arbeitsergebnisse meist besser aus. Dann macht meinen Mitarbeitern, aber auch mir die Arbeit mehr Spaß und mein Leben ist einfacher.“ Fock hat Vertrauen in seine Angestellten. Er muss sich nicht um jede Kleinigkeit kümmern. „Das sagt einiges über die Qualität der Truppe aus.“ So kann sich Fock der Weiterentwicklung von Produkten widmen, um seine Kunden kümmern und neue Strategien entwickeln.

Das digitale Geschäft wächst

Es macht ihm sehr viel Spaß eine Marke wie Thieme mitgestalten zu können. Der Thieme Verlag mit rund 1000 Mitarbeitern weltweit ist einmalig, insbesondere im deutschsprachigen Medizinverlagswesen. Die Philosophie des traditionsreichen Unternehmens ist es, sich auch weiterhin auf die Themen Medizin und Gesundheitswesen zu konzentrieren und möglichst alle relevanten Zielgruppen zu erreichen. Hierzu gehören Ärzte, Studierende, Pflegepersonal, Therapeuten und Manager von Gesundheitseinrichtungen, aber auch Patienten und deren Angehörige. Die Werbe- und Corporate-Publishing-Erlöse, die Fock verantwortet, sind ein wichtiger Umsatz- und Ertragsbestandteil der Verlagsgruppe. Die meisten Titel sind Abonnementzeitschriften, die sowohl als Printausgabe sowie digital verfügbar sind.  Sie machen den größten Teil der Umsätze aus, Print, mit einem stark wachsenden Online-Anteil. „Das heißt, dass die Thieme-Titel nicht sofort unter Druck geraten, sollte es der Pharmaindustrie einmal nicht so gut gehen. Dadurch sind wir unabhängiger“, hält Fock fest. Dennoch ist der Werbeumsatz aus der Pharmaindustrie wichtig. Er alleine macht im Anzeigenbereich rund 70 Prozent aus. In den letzten Jahren konnte Fock die Anzeigenakquise bei Thieme stetig steigern, entgegen dem Trend der Publikumsmedien. „Die Interessen sowohl der Anzeigenkunden als auch der Leser müssen berücksichtigt werden“, sagt Fock. Dennoch: „Die Grenze wird bei den Redaktionsinhalten gezogen. Ein Anzeigekunde wird von Thieme nie verlangen können, beim Peer-Review (Bewertungsverfahren für wissenschaftliche Artikel) ein Auge zuzudrücken oder redaktionelle Artikel zu lancieren.“ „Hier ist die Haltung von Thieme eindeutig. Natürlich müssen wir auch immer die komplexe Gesetzeslage für Pharma- und Medizinproduktewerbung  im Blick haben“, fügt er hinzu. Thieme gelinge es sehr gut, hier klare Grenzen zu ziehen, insbesondere bei pharma-finanzierten Corporate Publishing Produktionen. „Dazu verpflichtet uns das Versprechen der Marke Thieme. Außerdem liest unsere ärztliche Leserschaft sehr kritisch und aufmerksam. Sie würde sehr genau registrieren, wenn ein Artikel von der Industrie lanciert wurde oder von unabhängigen Redakteuren und wissenschaftlichen Autoren stammt.“ Autor: Sergio Caré

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